Hm, projektbericht... sowas hab ich nicht, aber ich kann was zum background des ganzen sagen, das wird jetzt aber ein längerer text...
Ich hab die befragung im rahmen eines kunst-projekts gemacht, das den titel "es bleibt nur die marke" hat. in dem zusammenhang kommt die frage von wem der öffentliche raum markiert wird und ob und wie das wahrgenommen wird. Ist ja bekannt, dass die stadt umkämpfter aufmerksamkeits-raum ist, und das versucht wird, ganz konkrete zeichen zu unterdrücken und andere inflationär rauszubringen. Seit werbung zwar maximale sichtbarkeit aber offenbar trotzdem keine aufmerksamkeit mehr hat, gibt es ja in den letzten jahren so tendenzen, v.a. von sport- und klamottenmarken, so ne art guerilla-kampagnen im stadtraum zu veranstalten, in denen sie das aufgreifen, was eigentlich bis dahin als subversiv galt (so geht werbung ja immer vor) und genau die anliegen von eher rebellisch oder kritisch eingestellten leuten auch zu ihren zielen zu machen. also auch nike oder adidas fordern jetzt mehr freiraum in der stadt, mehr spontanität und abenteuer, der stadtraum soll leidenschaftlicher werden, etc., nur eben alles unter ihrem logo. (es gibt dazu ein superbuch von friedrich von borries: "wer hat angst vor niketown?")
Jetzt ist die frage, was in dem zusammenhang mit graffiti passiert oder passieren könnte ? graffiti wird ja z.b. in diesen urbanimus-debatten und in kunstkreisen immer (noch) als "rückeroberung von raum" verstanden oder als "aufstand leerer zeichen", rebellion, kritisch-subversive aktion oder auch als bekämpfung von langeweile und monotonie etc.
ich will einfach mal wissen, ob graffiti wirklich so ist, es wird immer gern und viel reininterpretiert, aber wie verstehen es die leute die sprayen selbst? Und wie gehen sie mit der zunehmenden vereinnahmung durch werbung um, die ja schon längst angefangen hat, bzw. wie kann man sich dem widersetzen? oder will mans überhaupt? ich frage mich, ob auch graffiti (wie schon so vieles vorher) irgendwann mal in seiner wirkung entschärft werden kann, also wirkungslos und bloße mode wird (man macht es eben weils cool ist). Aber offenbar wollen viele sprayer mittlerweile sowieso lieber in den kunstkontext rein. das meiste was unter street-art läuft ist ja schon da und will nur noch verschönern, nichts mehr zerstören. Andererseits verschärfen sich ständig die vorgehensweisen gegen illegale sprayer. das zeigt, dass graffiti auf jeden fall ein potential hat, dass gefürchtet und ernst genommen wird ? wie lange noch?
Die statements selbst, die ich direkt und im netz bekommen habe, geben ein sehr widersprüchliches bild, wie gesagt auffallend die tendenz graffiti in den bereich "kunst" einzuordnen und sich selbst in dem kontext zu sehen. Außerdem sagen viele, an öffentliche gebäude würden sie sprayen, an private nicht ? mittlerweile verschwindet der unterschied zwischen privat und öffentlich allerdings immer mehr, irgendwann ist ja alles privat. Allgemeine akzeptanz (also legalität) wollen die meisten nicht haben, aber es gibt forderungen nach mehr qualität und in dem zusammenhang nach weniger gefährlichen (also legalen) orten zum sprayen.
Hier mal noch eins der interessantesten statements:
"Wenn wir um Freiraum bitten wird unsere Arbeit ihre Substanz verlieren. Unsere Interventionen sind spontan und kommen von innen ... wenn wir diese Wurzeln verlieren, werden wir nur noch einfache Hausbemaler sein."
ja, also ich kann jetzt nicht mit konkreten ergebnissen dienen, aber das ist auch nicht die absicht des projekts, es geht da mehr darum, gewisse fragen zu stellen.
|